Aktuelles

Datum: Dez 19, 2019

Aktueller Stand zur HOAI

Mit dem Urteil vom 4.7.2019, Az.: C-377/17 hat der Europäische Gerichtshof festgestellt, dass das zwingende Preisrecht der HOAI, nämlich deren Mindest- und Höchstsätze, gegen EU-Recht verstößt. Bezüglich der Folgen für Honorarprozesse, wo es auf die HOAI-Mindest-bzw. Höchstsätze ankommt, bestehen in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte aber immer noch diametral einander widersprechende Entscheidungen. Eine richtungsweisende Entscheidung des Bundesgerichtshofs steht noch aus.

1. Keine Anwendbarkeit der HOAI Mindest-/Höchstsätze, auch nicht zwischen Privaten
(OLG Celle, Urteil vom 14.08.2019 - 14 U 198/18; OLG Düsseldorf Urteil vom 17.09.2019 - 23 U 155/18 und OLG Schleswig Urteil vom 25.10.2019, Az.: 1 U 74/18)

Das OLG Celle bleibt seiner Auffassung vom 17.7.2019 - Az. 14 U 188/18 treu, wonach die Mindestsätze nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes nicht mehr anwendbar seien. Mit dem verbindlichen Preisrecht der HOAI verstoße die Bundesrepublik gegen geltendes Unionsrecht (Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG). Hieraus folge die Verpflichtung für sämtliche staatliche Stellen des verurteilten Mitgliedsstaates, den Verstoß zu beenden und die Norm nicht mehr anzuwenden. Der Rechtsauffassung der Gerichte, die eine Anwendbarkeit zwischen Privaten weiterhin erkennen wollen, könne nicht gefolgt werden, da die Dienstleistungsrichtlinie nicht der Harmonisierung im Privatrecht der Mitgliedsstaaten diene, sondern staatsgerichtet sei und vor allem der Beseitigung von Hindernissen für die Niederlassungsfreiheit diene. Aus diesem Grunde seien nationale Gerichte dazu verpflichtet auch in Rechtsstreitigkeiten zwischen Privaten das zwingende Preisrecht, soweit es gegen die Dienstleistungsrichtlinie verstößt, nicht mehr anzuwenden. Das OLG Celle vertritt damit die Gegenposition zu OLG München, OLG Hamm, OLG Naumburg sowie des Berliner Kammergerichts. Auf gleicher Argumentationslinie folgen dem OLG Celle das OLG Düsseldorf (Urteil vom 17.09.2019 - 23 U 155/18) und das OLG Schleswig (OLG Schleswig, Urteil vom 25.10.2019, Az.: 1 U 74/18).


2. HOAI Mindest- und Höchstsätze weiterhin zwischen Privaten anwendbar
(OLG München, Beschluss vom 08.10.2019 - 20 U 94/19 Bau- nicht rechtskräftig)
In einem kurzen Beschluss kommt das OLG München im Gegensatz hierzu zu dem Ergebnis, dass in Rechtsverhältnissen zwischen Privaten die Regelungen der HOAI zur Verbindlichkeit von Mindest- und Höchstsätzen auch vor dem Hintergrund der Entscheidung des EuGH weiterhin anzuwenden seien. Damit schließt sich die 20. Kammer des OLG München der Meinung der 27. Kammer des OLG München in der Entscheidung vom 22.8.2017 - 27 U 134/17 - an. Die Chancen, sich auf die Unanwendbarkeit der Mindest-/Höchstsätze der HOAI in Rechtstreiten zwischen Privaten ohne EU-Bezug mit Erfolg berufen zu können, ist damit vor dem OLG München sehr gering.


3. Wie geht es jetzt weiter und was ist zu tun?

Einigkeit besteht soweit erkennbar jedoch in einem für anstehende öffentliche Vergaben wichtigen Punkt: Die öffentlichen Hände in Deutschland müssen die Entscheidung des EuGH umsetzen! Denn sie sind (und bleiben) Adressat der Entscheidung.
 
Strittig bleibt allein, ob sich Privatleute bei rein nationalen Sachverhalten auch weiterhin auf die („alte“) Entscheidung des deutschen Gesetzgebers („Mindest-/Höchstsätze existieren!“) vor Gericht mit Erfolg berufen können.

Letztlich hat der EuGH (anders als sein Generalanwalt) aber Mindestsätze grundsätzlich für möglich erklärt. Mal sehen wer zuerst (und wie) entscheidet: Der BGH oder der deutsche Gesetzgeber.
 
Bei letzterem wird offenbar gegenwärtig folgende Variante diskutiert: Preisvereinbarungen könnten auch außerhalb des HOAI-Rahmens zugelassen werden. Wurde jedoch keine Preisvereinbarung getroffen, soll die "alte" HOAI - also wohl auch deren Höchst-/Mindestgrenzen - gelten.

Es bleibt also bei unserer Empfehlung: Wo immer möglich, sollten Preisvereinbarungen getroffen werden. Nur so wissen beide Partner, was auf sie zukommt!

Zurück